Arabellahaus, Ansichtskarte, 1976 (privat)
Arabellahaus, Ansichtskarte, 1976 (privat)

Arabellahaus

Arabellastraße 5

Bogenhausen-Arabellapark

Bauherr: Josef Schörghuber
Baujahr: 1966 bis 1969
Richtfest: 11. Dezember 1968
technische Daten: 23 Stockwerke; Gesamthöhe 75 Meter; Länge 150 m, Breite: 25 Meter
Architekt: Toby Schmidbauer

Keine große Zuneigung empfanden die Münchner zunächst für das »Arabella« in der Arabellastraße 5 und titulierten seine prägnante, ornamentale Fassade mit den Gitterwaben naserümpfend als »Haremsgitter«, zum einen weil dort einst Damen in der Anonymität des Kastens ihre Dienste angeboten hatten, zum anderen weil viele arabische Besucher – vor allem auch wegen der damals integrierten beiden Kliniken – in der Sommermonaten zugegen waren. Zu den Olympischen Spielen 1972 wurde ein Großteil der Wohnungen in einen Hotelbetrieb umgebaut. Das »Arabella Bogenhausen« war damit mit 467 Zimmern eines der größten Hotels in München.

Architekt Toby Schmidbauer orientierte sich bei der Bauweise des Arabella-Hochhauses mit Fertigbauteilen stark an amerikanischen Vorbildern. Ziel war es, dass sich hier das ganze Leben abbilden sollte: Wohnen, Konsumieren und Freizeit. Eine Stadt in der Stadt, so die Vision der späten 1960er-Jahre. Neben dem Hotelbetrieb und den beiden Kliniken (heute »Arabella Klinik«) waren und sind bis heute in diesem Gebäude ca. 500 Mietwohnungen (Boardinghouseappartements, normale Ein- und Zweizimmerwohnungen, anfänglich zu einem reduzierten Mietpreis bei Erstbezug von 6,50 DM pro Quadratmeter, Luxussuiten mit Fullservice) und ca. 100 Büros und Arztpraxen untergebracht. Besonders Singles und kinderlose Paare, unter ihnen zahlungskräftige Prominenz, Adelige, Geschäftsleute, bekannte Playboys und -girls, Schriftsteller, Publizisten und Journalisten zogen bald in das Gebäude ein. Hier konnten sie im 22. und 23. Stockwerk mit Sauna, Dampfbad, »Karibikbar« und als Highlight einem Swimmingpool den einst am höchsten gelegene Wellnessbereich der Stadt München genießen. 2012/2013 wurde dieser SPA-Tempel komplett saniert. Eine Einkaufsstraße mit 30 Läden, Restaurants und ein Fitnesscenter ergänzten das Angebot für die Bewohner, die dies alles sowie den Luxus lederbezogener Lifttüren und die Dienstes eines allzeit präsenten Concièrge bis heute nutzen können. Früher gab es hier sogar einen hauseigenen Cateringservice und auf dem Dach war ein Hubschrauberlandeplatz geplant, der dann aber doch nicht verwirklicht wurde. Im dritten Kellergeschoß befanden sich die weltberühmten Musicland Studios, wo in den 1970er- und 1980er-Jahren Künstler und Bands wie The Rolling Stones, Led Zeppelin, Queen, Electric Light Orchestra und Deep Purple ihre Alben produzierten. Traurige Berühmtheit erlangte das Hochhaus durch eine Reihe an Selbstmorden in den 70er-Jahren, ehe das Verbot des Sonnenbadens auf dem Dach und weitere Sicherheitsvorkehrungen diese verhinderten.

Im Rahmen des Joint Ventures zwischen der Arabella Hotel Holding und dem Starwood-Konzern 1998 wurde das im Haus befindliche Hotel in »ArabellaSheraton Bogenhausen« umbenannt. Es wird nun als Gemeinschaftsbetrieb mit dem Arabella Sheraton Grand Hotel München (heute Westin Grand) auf der gegenüberliegenden Seite geführt. Beide Häuser bilden zusammen das größte Tagungshotel Süddeutschlands.

Anfang Mai 2018 entschied die Bayerische Hausbau GmbH (Teil der Schörghuber-Gruppe) als Eigentümerfirma, dass das Gebäude ab 2026 abgerissen werden solle, da es nach 50 Betriebsjahren das Ende seines Lebenszyklus erreicht habe und die Bausubstanz eine zukunftsfähige Sanierung verhindere. (Sprich eine Sanierung ist zu teuer) Anschließend solle es an gleicher Stelle neu aufgebaut werden. Das Bayerische Amt für Denkmalpflege hatte einige Tage zuvor die Forderung abgelehnt, das Haus auf die Denkmalliste zu setzen und damit vor einem Abriss zu bewahren. Es sei ein »ganz normales Scheibenhochhaus«, das nicht die Kriterien für ein Denkmal erfülle. Im Februar 2021 wurde von der Bayerischen Hausbau bekanntgegeben, dass der Abriss dieses architektonischen Wahrzeichens der Stadt München erst 2030 erfolgen solle. Es stellt sich jedoch die Frage, inwiefern der Abriss materialschwerer Großstrukturen überhaupt noch ökologisch vertretbar ist und die Stadt nicht bis zu dieser Gnadenfrist endlich – über die Denkmalsproblematik hinaus – dir dringend erforderliche Debatte über ihr bauliches Erbe der Moderne führen sollte.

Literatur:

Karl, Willibald: Bogenhausen. Vom bäuerlichen Pfarrdorf zum noblen Stadtteil, München 1992, S. 214ff.
Karl, Willibald: Der Arabellapark. Eine Erfolgsstory, München 1998, S. 29f.
Bayerische Hausbau (Hg.): Arabellapark. Eine Stadt in der Stadt – auch mit 50 Jahren noch visionär und wandelbar, München 2019, Internet: https://www.hausbau.de/media/user_upload/content/Arabellahaus/BHGKG_Buch_Arabellapark_final.pdf, S. 15ff.
https://www.unser-bogenhausen.de/2018/05/arabellahaus-abriss-ein-wahnsinn

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