Der jüdische Kaufmann Philipp Auerbach überlebte diverse Lager, darunter Auschwitz und Buchenwald und kam 1946 nach München. Dort begann er mit zunächst drei Mitarbeitern im September seine Arbeit als „Staatskommissar für rassisch, politisch und religiös Verfolgte“ in Bogenhausen in der Holbeinstraße 9-11. Im Lauf von fünf Jahren baute er eine Behörde mit 170 Mitarbeitern auf, die mit diversen Außenstellen in der damaligen amerikanischen Zone insgesamt 80 000 bis 100 000 Menschen half, den sogenannten DP‘s, Displaced Persons, zumeist jüdische Überlebende der Nazi-Vernichtungslager. Dabei ging es zunächst um die einfachsten Dinge wie Unterkunft, Lebensmittel, Kleidung und medizinische Versorgung, später vor allem um Visa für die Ausreise nach Palästina/Israel. Er arbeitete dazu eng mit der US-Militärregierung und amerikanischen Hilfsorganisationen zusammen, die ihre Büros im Stadtteil hatten. Angestellt aber waren er und seine Mitarbeiter vom bayerischen Staat.
Das führte bald zu Konflikten. Hilfe für die vor allem aus Osteuropa kommenden Juden war nie populär. Im kriegszerstörten München gab es weder genug Geld noch Strukturen für eine solche Behörde. Da Auerbach selbstbewusst, bisweilen selbstherrlich seiner Arbeit nachging, verärgerte er bayerische Politiker. Zugleich setzte er sich dafür ein, ehemalige Nazis aus dem Staatsdienst des demokratischen neuen Deutschlands fernzuhalten. Das wurde umso kontroverser, je mehr die Amerikaner den deutschen Politikern die Macht übertrugen. Einer seiner ärgsten Widersacher war Dr. Josef Müller, Ochsensepp genannt, einer der Gründer der CSU und Justizminister des Freistaats, weil Auerbach ihm offensichtlich auf die Schlihe gekommen war, während der Zeit des Dritten Reichs an sogenannten Arisierungen beteiligt gewesen zu sein.
1951 wurde Auerbach verhaftet. Man warf ihm Betrug, Unterschlagung und Veruntreuung vor. Im April 1952 kam es zum Prozess, der vier Monate dauerte. Im Lauf des Verfahrens brachen alle wesentlichen Vorwürfe zusammen. Was blieb, war das Führen eines Doktor Titels, bevor Auerbach promoviert war; Gelder, für die es keine ordentliche Buchführung gab; einen Zeugen, auf den sich Staatsanwalt und Richter stützten, obwohl gegen ihn zur selben Zeit bereits ein Verfahren wegen Meineids in München lief. Staatsanwalt wie die drei Richter waren alle Mitglieder diverser Nazi Organisationen oder der NSDAP gewesen, hatten im Dritten Reich Karriere gemacht und galten unmittelbar nach dem Krieg als für den Staatsdienst. Auerbach nahm sich in der Nacht des Urteils, 45 Jahre alt, im August 1952 das Leben.
Prozess und Berichterstattung schon vorher in den Medien waren von antisemitischen Tönen geprägt. Ein Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags kam zwei Jahre nach dem Tod Auerbachs zu dem Schluss, dass ihm angesichts der chaotischen Zustände nach Kriegsende kein Vorwurf zu machen gewesen sei. Auerbach hatte sich darum verdient gemacht, den Überlebenden des Holocaust eine neue Perspektive zu bieten.