Johanneskirchen

St. Johann Baptist Kirche und schmiedeeisernes Tor am Eingang, hpt © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V.
St. Johann Baptist Kirche und schmiedeeisernes Tor am Eingang, hpt © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V.
Hüllgraben, hpt © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V.
Hüllgraben, hpt © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V.
Hüllgraben, hpt © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V.
Hüllgraben, hpt © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V.

Im nordöstlichsten Eck Münchens geht das Leben um Johanneskirchens Maibaum gemächlicher zu. Bauernhöfe säumen den Platz vor der ehemaligen Kirchenburg St. Johann Baptist. Ihr heutiger Bau stammt aus dem 13. Jahrhundert. Die Bahnlinie trennt den städtisch entwickelten Teil des Ortsteils Johanneskirchen mit zum Teil 15-stöckigen Wohnhäusern vom östlich gelegenen, ländlichen Dorf mit seinen Siedlungen. Seit 1930 gehört Johanneskirchen zur Landeshauptstadt München.

Einige Siedlungsdaten:

  • „Zahnbrechersiedlung“: ab Anfang der 1930er Jahre, Initiator Dr. Dr. Zahnbrecher
  • Johanneskirchen-Nord: 1965 bis 1968
  • Gartenstadt Johanneskirchen: 1984 bis 1986
  • Johanneskirchen-West: 1988 bis 1999 (zusammen mit Oberföhring-Süd) und Wohnanlage Preziosastraße, 1997 bis 2002

1983 berichtete die SZ über das versunkene bajuwarische Dorf an der S-Bahn / Stegmühlstraße. Hier verlief auch von Augsburg die Römerstraße nach Wels und Jahrhunderte später die Reichenhaller Salzstraße über Oberföhring nach Augsburg.

Die größten Freiflächen im Stadtbezirk, überwiegend noch landwirtschaftlich genutzt, liegen im Johanneskirchner Moos – vielleicht wird dort einmal der geplante Nordostpark entstehen. Münchens dritter langer Wasserlauf, der Hüllgraben, plätschert einen Kilometer östlich von Johanneskirchen durchs Moos. Vor ca. 100 Jahren wird ein östlich der Johanneskirche beginnende Bach als »Hierlgraben« bezeichnet. Er verläuft erst entlang des Mirabellenwegs und begleitet östlich die Gleißenbachstraße (auf Unterföhringer Flur: Gleißachweg). Der trockengefallene Graben wird in manchen Stadtplänen immer noch so bezeichnet. Bei der Straße Am Hierlbach mündet der Graben auf Unterföhringer Gemarkung in die weitgehend trockene Gleißach. Die Straße Am Hierlbach wurde 1954 nach einem alten Flurnamen benannt.

Meister der Pollinger Tafeln: Tassilo reitet zur Jagd, 1444,  Alte Pinakothek München
Meister der Pollinger Tafeln: Tassilo reitet zur Jagd, 1444, Alte Pinakothek München

Das älteste Zeugnis dieser Gegend stammt vom 3. Juli 750, ausgestellt auf dem herzoglichen Sitz zu Dodiga: Der baierische Stammesherzog Tassilo III. aus dem Geschlecht der Agilolfinger schenkt dem Freisinger Bischof Josef I. eine erbetene Weidefläche. Johanneskirchen selbst wird erstmals in einer Urkunde vom 2. Oktober 815 im Zusammenhang mit bayerischem Bier erwähnt, das Johanneskirchen an das Hochstift Freising zu liefern hatte. In dieser Urkunde wird auch die „ecclesia sancti Johannis baptiste in loco Feringas“ genannt. Diese „Kirchenburg“ St. Johann Baptist war die erste Pfarrkirche der Urpfarrei Föhring. Ihr heutiger Bau stammt aus der dem 13. Jahrhundert. Erst 1688 baute man die Wehrkirche zum heutigen Aussehen um. Johanneskirchen schied im 12. Jahrhundert aus dem bischöflichen Besitzstand von Freising aus und gehörte dann zum Pfleggericht Wolfratshausen.

Im 15. Jahrhundert war der Ort als geschlossene Hofmark (also mit dem Recht zur niederen Gerichtsbarkeit) im Besitz des Münchner Bürgergeschlechts der Riedler. Ottmar Riedler war um 1500 Münchens reichster Bürger. Die Hofmark wurde erst 1848 aufgelöst. 1818 wurde Johanneskirchen selbstständige Gemeinde, nach Gründung des Königreichs Bayern 1820 ein Teil der politischen Gemeinde Daglfing und am 1. Januar 1930 ein Stadtteil Münchens.

Johanneskirchen, mit Blick nach Westen, auf Ober- und Unterföhring, Ansichtskarte um 1910
Johanneskirchen, mit Blick nach Westen, auf Ober- und Unterföhring, Ansichtskarte um 1910

Wie der ganze Münchner Nordosten ist auch Johanneskirchen gegen Ende des 19. Jahrhunderts geprägt von den rauchenden Schloten der Ziegeleien. Sie produzieren zusammen bis zu 6 Millionen Ziegel jährlich, ehe sie wegen Unrentabilität nach 1900 geschlossen werden. Die Ziegelei der Familie Rattenhuber (heute Tennisplatz Freischützstraße) ist noch bis 1950 in Betrieb, die Baur’sche Ziegelei (ehemalige Johanneskirchner Straße 145) sogar bis 1964.

Johanneskirchen mit neuem Bahnhof, Ansichtskarte, 1930
Johanneskirchen mit neuem Bahnhof, Ansichtskarte, 1930

Karin Bernst hat umfassend zum Dorf und späteren Stadtviertel Johanneskirchen geforscht. Im Mai 2015 hat sie aus Anlass des 1200-Jahr-Jubiläums das Buch »Johanneskirchen. Das Dorf in der Stadt. 815-2015« vorgelegt. Aus dem selben Anlass wurden vom Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V. im Mai 2015 an 17 wichtigen Punkten des Ortes Informationstafeln mit Texten und historischem Bildmaterial als Geschichtspfad angebracht.

Bernst, Karin: Johanneskirchen. Das Dorf in der Stadt 815–2015

Bernst, Karin: Johanneskirchen. Das Dorf in der Stadt 815–2015
ISBN: 978-3-86906-750-6, Allitera Verlag, 184 S., Paperback, € 19,90, zuzüglich Versandgebühr

2015: Johanneskirchen feiert seinen 1200. Geburtstag – wobei die historische Urkunde nur die Kirche des heiligen Johannes Baptist zu Föhring »ecclesia sancti Johannis baptiste in loco feringas« erwähnt … Genau genommen ist die Ansiedlung viel älter! Über 1200 Jahre Ortsgeschichte sind Anlass genug, den Werdegang Johanneskirchens bis in die Gegenwart in einem Buch zu würdigen. Karin Bernst hat mit viel Spürsinn und Forschergeist eine Fülle von Informationen über Johanneskirchen zusammengetragen und mit diesem Buch einen historischen Wegweiser geschaffen – für »Eingesessene« und künftige Johanneskirchner.

1200 Jahre Johanneskirchen: historische Informationstafeln (Mai 2015)

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